Rudolf Barraud 3. Dezember 1924 - 22. Mai 2010
Ruedi war ein bescheidener Mensch: Nie stellte er sich in den Vordergrund. ln jeder Situation blieb er sich selbst treu. Auch wenn er bei einern gesellschaftlichen Anlass eher etwas zurückhaltend schien, wenn er sich äusserte. hatte er immer verständige Worte, inspiriert von seinem gesunden Menschenverstand, seiner Erfahrung, seinem Glauben: Er war ein Mensch von tiefer Überzeugung.
Für längere Zeit arbeitete er in einem Architekturbüro. ln den Fünfzigerjahren setzte er sich während rnehrerer Monate ehrenamtlich ein für die Planung des neuen Zentrums für Moralische Aufrüstung in Mackinac (USA). Zurück in der Schweiz reiste er regelmässig nach Caux, um bei den verschiedenen Umbauten und Renovationen mitzuwirken. Unter anderem hat er die Front des Nordostflügels des Mountain House mit dem heutigen Buchladen und der CauxExpo neu gestaltet und er konzipierte das Tonstudio, weitere Räume im 5. Stock und den Ausbau des Innenhofs mit der Schreinerei, der Wäscherei und der «Cafeteria».
Christoph Keller ergänzt: «Seit ich in Caux bin, hat Ruedi als Architekt folgende Räurne gestaltet: das Foyer du Théâtre, die Musikräume und das Economat. Er half mir viel, nachdem Werner Fankhauser aufgehört hatte und bis Philippe Claessens angestellt wurde. Er vertrat mich auch manchmal während meiner Ferien. Oft betonte er, wie gerne er das gemacht und wie wohl er sich dabei gefühlt habe. Die Zusammenarbeit mit ihm war immer sehr angenehm.»
Am 27. April 1963 heiratete Ruedi Jeanne Brehm. Aus dieser Verbindung gingen zwei Töchter hervor: Thérèse und Monique. Als geübter Bergsteiger bezwang er- zusammen mit seinem Bruder die Dent Blanche über die anspruchsvollste Route.
ln seinem Berufsleben durchlebte er eine Periode der Arbeitslosigkeit. Sein Glauben half ihm, Zuversicht und Gelassenheit zu bewahren. Sein Blick war auf die Welt gerichtet. Unter anderem verfolgte er leidenschaftlich die Entwicklungen im israelisch-palästinensischen Konflikt.
Als von seinen Enkeln über alles geliebter Grossvater baute er in den Walliser Ferien mit ihnen Staudärnme in den Bergbächen, und gemeinsam erwanderten sie Bergwege und Gipfel. Bei den grossen Familientreffen erschien er in einem mit Bonbons bestückten Mantel und zog damit einen Schwarm von aufgedrehten, entzückten Kindern in einem närrischen Lauf hinter sich her.
Unvermutet traten dann Krankheiten auf: zuerst Augenleiden (er erblindete fast vollständig), dann Krebs. während dieser für ihn und Jeanne schwierigen Zeit bewahrte er seine Geduld, seine Zuversicht, seine Heiterkeit und sein Interesse für andere. Er zeigte damit, wie er seinen Zustand auf aussergewöhniiche Weise akzeptierte. Dadurch, dass seine Frau und die ganze Familie ihn Tag für Tag ständig umgaben mit ihrer Liebe und ihrer positiven Einstellung, nahm sein Leidensweg den bestrmöglichen Verlauf ln seinen letzten Tagen im Spital war er so gut umsorgt, dass er sagte: «Es ist schön, wenn man so gehen kann.»
Texte zusammengestellt von Claudine Rochat und Jacqueline Golay
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