Rösli Flütsch 2. September 1918 - 5. Juni 2008
Am 11. Juni nahmen wir in der reformierten Kirche Dübendorf Abschied von Rösli. Es war eine schöne Feier, die Freunde aus verschiedenen Ecken der Schweiz im Gedenken an Rosa Flütsch-Blaser, genannt Rösli, mit ihrer Familie zusammenführte: Töchter, Sohn, Schwiegersöhne, Grosskinder, Urgrosskinder und weitere Verwandte.
Was als herzliche Einladung zu Ehren von Röslis 90. Geburtstag gedacht war, wurde nun mit Fotos aus ihren verschiedenen Lebensphasen gebraucht, um die Nachricht ihres Todes mitzuteilen. Sie stand unter einem Wort aus dem 32. Psalm, ihrem Konfirmationsspruch, der sie durchs ganze Leben begleitet batte: "Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst. Ich will dich mit meinen Augen leiten." Auf diesen Text ging Pfarrer Kölliker von Dübendorf immer wieder ein:
"Rösli Flütsch hat jahrelang, man kann sagen, bis in die letzten Tage das Hören auf Gott geübt. Man kann es auch Beten nennen, wenn man unter Beten ein Hören und ein Reden mit Gott versteht. Vielleicht bat sie im Alter noch mehr Zeit im Gebet verbracht aIs früher. Es war für sie eine Quelle der geistigen Erneuerung, eine Quelle der Kraft auch und eine Möglichkeit der Verbundenheit. Sie blieb im Gebet mit ihren Nächsten verbunden, aber auch mit vielen Freunden, die weit entfemt wohnten. Sie hat sich für Menschen interessiert und hat an ihrem Ergehen Anteil genommen. Es ist das Geheimnis der Freundschaft, das sie gelebt und das sie so erfiüllt hat.
Das schloss nicht aus, dass sie im Umgang sehr direkt sein konnte. Das Ausleben von Ehrlichkeit gegenüber sich selber und anderen war ihr ein Herzensanliegen. Sie batte niemals anderen oder sich etwas vorgemacht. Man wusste bei ihr immer, woran man war und das befreite einen von der mühsamen Kunst der Verstellung. Jemand, der ihr nahe gestanden ist, sprach von "Salty love", von salziger Liebe, mit der sie ihre Mitmenschen geliebt batte. [... ]
Ich will dich unterweisen, heisst es im Konfrrmandenspruch und ich will dir den Weg zeigen, den du wandeln sollst, ich will dich mit meinen Augen leiten. Heute gibt es den Ausdruck der Navigation für Routenplanung und Routenführung, damit wir im Verkehr dank GPS sicher das Ziel erreichen. Auf einer geistigen Ebene kann sich der Mensch von Gott führen lassen, damit er die Bestimmung seines Lebens findet, ln der moralischen Aufrüstung, die heute lnitiativen der Veränderung heisst, ist die Führung durch die innere Stimme oder durch Gott ein wichtiges Thema. Ich kann mir vorstellen, dass sich Rosa Flütsch viel damit auseinander gesetzt hat. Sie hat das am eigenen Leib erlebt, z.B. aIs sie nach dem frühen Tod ihres Mannes wieder nach Caux zurück ging und dort in Freiwilligentätigkeit die Leitung der Lingerie übemommen hatte. Sie hat sich von Gott leiten lassen. Auch das muss man freiwillig wollen. Gott leitet niemand mit Zwang. Der Mensch muss von sich aus seine Führung suchen und sich in seinen Willen ergeben."
lm Andenken an Rosli Maya Fiaux, Préverenges Zwei Erinnerungen möchte ich hier kurz erwähnen: Die fröhlichen Mahlzeiten mit den vier lebhaften Kindem am Familientisch am Galgenfeldweg in Bem sind mir unvergesslich mit den Beschreibungen von Hannes, wie seine Klasse ihre Lehrer ärgerte und sich über sie lustig machte. (Ich bereitete mich damals darauf vor, Lehrerin zu werden!)
Als ich einige Jabre später im Sinn hatte, meine schöne Stelle in Bolligen aufzugeben, um in Caux mit zu arbeiten, fragte ich Rösli um ihre Meinung. Zu meiner grossen Überraschung empfahl sie mir, noch etwas länger im Beruf zu bleiben. Ich befolgte ihren Rat zwar nicht, aber es war für mich später sehr wichtig, dass ich diese Entscheidung ganz selber getroffen hatte. Auch weiterhin in meinem Leben fand Rösli oft das richtige Wort für mich im richtigen Moment.
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